Die Folgen des Klimawandels sind inzwischen auch im Bergischen RheinLand deutlich spürbar: veränderte Niederschlagsmuster, längere Hitzeperioden und wachsende Belastungen für Wälder und Wasserressourcen. Gleichzeitig eröffnen sich Chancen durch kluge Nutzung heimischer Ressourcen und angepasste Infrastrukturen. Über die Entwicklungen, notwendige Anpassungsstrategien und die Rolle von Wirtschaft und Bevölkerung hat die REGIONALE 2025 Agentur mit dem Meteorologen Karsten Schwanke gesprochen.

Herr Schwanke, die Folgen des Klimawandels werden zunehmend auch im Bergischen RheinLand spürbar – mit deutlichen Veränderungen bei Niederschlag, Hitze und Trockenheit. Welche langfristigen Entwicklungen erwarten Sie für das Rechtsrheinische?

Wir sehen, dass sich das Klima auch in Europa, und gerade in Nordwesteuropa, stärker verändert als in vielen anderen Teilen der Welt. In Deutschland steigen die Temperaturen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen schneller als im globalen Durchschnitt. Weltweit reden wir über rund 1,5 Grad Erwärmung – in Europa sind es im Schnitt etwa 2,5 bis 3 Grad. Das spüren wir schon im Alltag: Hitzewellen setzen oft früher ein, dauern länger und sind intensiver. Im Bergischen RheinLand liegen die Höchsttemperaturen im Sommer heute im Durchschnitt um etwa fünf Grad höher als in den 1960er-Jahren.

Auch die Sonnenscheindauer hat zugenommen. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass es etwas weniger bewölkt ist. Im Frühjahr haben wir heute etwa 30 Prozent mehr Sonne als noch in den 1960er-Jahren, im Sommer rund 18 Prozent, im Herbst 15 Prozent und selbst im Winter etwa fünf Prozent mehr. Das führt dazu, dass die Frühjahre oft wärmer und trockener sind, was sowohl die Landwirtschaft fordert als auch das Risiko von Waldbränden erhöht. Die Winter dagegen sind meist milder, aber etwas niederschlagsreicher – insgesamt fallen heute im Jahresdurchschnitt rund 100 Liter mehr Regen pro Quadratmeter als um 1900. Man kann sagen: Der Jahreslauf verschiebt sich. Sommer beginnen etwas früher und dauern länger, während Frühling und Herbst kürzer ausfallen. Diese Veränderungen werden das Bergische RheinLand sicherlich auch in Zukunft beeinflussen.

Gerade die zunehmenden Hitzeperioden und Dürresommer setzen den Wäldern stark zu. Welche ökologischen Folgen sehen Sie für die Wälder im Bergischen RheinLand – und was bedeutet das für die Wasserbilanz?

Seit dem Jahr 2018 sehen wir, dass unsere Wälder nicht mehr so viel CO₂ aufnehmen wie früher, sondern sogar eine CO₂-Quelle geworden sind. Das liegt vor allem daran, dass viele Bäume durch Hitze und Trockenheit unter Stress geraten. Ein gesunder Wald wirkt wie ein Schwamm: Er speichert 90 Prozent des Regenwassers, was wichtig für das lokale Klima und die Wasserbilanz ist. Wenn der Wald geschwächt ist, funktioniert das weniger gut.

Wir merken auch, dass die Artenvielfalt unter Druck steht, weil nicht alle Pflanzen- und Tierarten mit den neuen Bedingungen zurechtkommen. Das bringt das ganze Ökosystem aus dem Gleichgewicht. Für Waldbesitzer bedeutet das außerdem, dass der Wald oft keine sichere Einkommensquelle mehr ist, sondern viel Pflege und Investitionen braucht. Die große Frage ist: Welche Baumarten passen in Zukunft am besten zu den veränderten Bedingungen? Darauf gibt es noch keine abschließende Antwort – und genau das macht die Aufgabe herausfordernd, aber auch besonders wichtig.

 

 

Das Bergische RheinLand gilt als wasserreicher Teilraum der Region Köln/Bonn. Inwiefern ist dieser „Wasservorrat“ durch Klimawandel, längere Trockenphasen und steigenden Wasserbedarf gefährdet?

Rein von der Menge her bekommen wir nach wie vor genug Regen. Aber die Verteilung übers Jahr hat sich verändert. Im Winter fällt inzwischen mehr Niederschlag, dafür steigt im Frühling und Sommer die Verdunstung, und es wird trockener. Unterm Strich heißt das: Das, was im Winter zusätzlich kommt, gleicht die höheren Verluste in den warmen Monaten nicht komplett aus. Für das Bergische RheinLand ist das schon ein Wandel, weil man den Raum lange als besonders wasserreich gesehen hat. Dieses Bild muss man heute etwas differenzierter betrachten.

Wir brauchen langfristig neue Ideen, wie wir Wasser speichern und verteilen – man wird auch über den Bau neuer Talsperren sprechen müssen.

Die vielen Talsperren im Bergischen RheinLand spielen eine zentrale Rolle bei der Wasserversorgung und dem Hochwasserschutz. Müssen solche Infrastrukturen künftig anders gemanagt oder angepasst werden, um auch Hitze- und Dürreperioden besser zu überstehen?

Talsperren sind schon heute ein wichtiger Baustein im Wassermanagement und beim Hochwasserschutz. Wenn Starkregen angekündigt ist, versucht man, rechtzeitig Wasser abzulassen, um Platz zu schaffen. Das ist allerdings gar nicht so einfach – man kann nicht eine Woche im Voraus genau sagen, wie viel tatsächlich runterkommt.

Deshalb brauchen wir langfristig neue Ideen, wie wir Wasser speichern und verteilen. Aus meiner Sicht wird man auch über den Bau neuer Talsperren sprechen müssen. Gerade das viele Regenwasser im Winter sollten wir besser auffangen, um in trockenen Zeiten genug für Trinkwasser, aber auch für Landwirtschaft und Unternehmen zu haben. Und wir sollten auch darüber reden, wie wir mit versiegelten Flächen umgehen. Wenn Regen auf Asphalt fällt, fließt er direkt in die Kanalisation – fürs Grundwasser bleibt da nichts übrig. Auch das gehört für mich zur Diskussion über die Infrastruktur.

Was kann – und sollte – das Bergische RheinLand konkret tun, um sich besser gegen Wetterextreme wie Starkregen einerseits und Trockenheit andererseits zu wappnen?

Der Schutz durch Verschattung – etwa durch Bäume, Sonnensegel oder Markisen – wird immer wichtiger, nicht nur in Städten, sondern auch auf öffentlichen Plätzen, Schulhöfen oder Firmengeländen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Wasserspeicherung, sei es über Zisternen, Rückhaltebecken oder begrünte Dächer. Auch bei der Energiegewinnung tut sich etwas: Die erhöhte Sonneneinstrahlung führt dazu, dass mehr Photovoltaikanlagen installiert werden – auch im Bergischen RheinLand. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Und schließlich kann jeder Einzelne etwas tun: Einfache bauliche Maßnahmen wie Schutzklappen an Kellerfenstern oder Garagentoren können bereits helfen, bei Starkregen Schäden zu vermeiden.

Welche Potenziale bietet die kluge Nutzung von heimischen Ressourcen im Bergischen RheinLand, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen?

Das Bergische RheinLand verfügt über große Wald- und Grünflächen, die einen natürlichen Kühlungseffekt haben. Im Vergleich zur dicht besiedelten Rheinschiene ist es hier oft mindestens 1 bis 2 Grad kühler – das ist mittelfristig ein echter Standortvorteil. Außerdem bietet die bewegte Topografie Möglichkeiten für den Bau von kleinen Speichern, die künftig eine wichtige Rolle spielen könnten – sowohl für die öffentliche Wasserversorgung als auch für Unternehmen, die auf zuverlässige Wasserquellen angewiesen sind. Insgesamt muss man die vorhandenen natürlichen Strukturen stärken, erhalten und intelligenter nutzen – das ist nachhaltiger als viele technische Lösungen.

Angesichts dieser Herausforderungen: Wie wichtig ist es aus Ihrer Sicht, das Bewusstsein für Wasser, Wetter und Wald in der Bevölkerung und bei den Unternehmen zu schärfen – und mit welchen Ansätzen kann dies gelingen?

Extrem wichtig. Ohne ein neues Bewusstsein in der Bevölkerung wird es nicht gelingen, dem Klimawandel wirksam zu begegnen. Wir brauchen mehr Information, Austausch und Dialog, damit sich das Mindset ändert. Auch Unternehmen spielen eine entscheidende Rolle. Sie müssen Nachhaltigkeit und Klimaschutz mitdenken – nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht. Fragen wie die Arbeitssituation der Mitarbeitenden, etwa durch Kühlung in Büros oder veränderte Arbeitszeiten, Lieferkettensicherheit und CO₂- Bilanz werden immer wichtiger. Denn wenn die CO₂-Bepreisung kommt – und das wird sie –, dann wird das bei der Vergabe von Aufträgen zunehmend eine Rolle spielen.

Im Bergischen RheinLand sehe ich aber traditionell viel Innovationsgeist im Umgang mit den heimischen Ressourcen, gerade im Mittelstand. Viele Firmen hier sind naturverbunden, ressourcenbewusst und gehen bereits neue Wege. Es ist wichtig, dass sie aktiv in die Strategien gegen den Klimawandel eingebunden werden.