Holz ist eine bedeutende Ressource im Bergischen RheinLand. Doch der Klimawandel setzt dem Wald zu und stellt die Forstwirtschaft vor Herausforderungen. Mit Maximilian Graf von Nesselrode, Eigentümer und Betriebsleiter der Gräflich Nesselrodeschen Verwaltung in Ruppichteroth, hat die REGIONALE 2025 Agentur über den aktuellen Gesundheitszustand der Bäume im Bergischen RheinLand, die Bedeutung von nachhaltiger Forstwirtschaft und die unsichtbaren Schätze des Ökosystems Wald gesprochen.

Holz ist eine bedeutende Ressource im Bergischen RheinLand. Doch der rasante Klimawandel mit Hitze und ausbleibenden Niederschlägen setzt den Wäldern vor Ort stark zu. Wie gut geht es dem Wald im Bergischen RheinLand?

Der Wald hat „Federn gelassen“ oder „Blätter gelassen“, um im Bild zu bleiben. Auslöser war die Trockenheit im Jahr 2018. Wir hatten gut sechs Monate keinen Tropfen Regen. Dieses Ereignis hat alle Baumarten und insbesondere die alten Bäume stark geschwächt. Es ist bei den Bäumen ähnlich wie bei den Menschen: Wenn Sie mit 20 Jahren eine Erkältung bekommen, macht das nicht viel aus. Mit 80 Jahren dagegen ist eine Erkältung unter Umständen gefährlich. Das heißt: Durch die Trockenheit im Jahr 2018 hat der Wald stark gelitten, gerade im Bereich der alten Bäume. Davon haben sich die Bäume bis heute nicht erholt. Wer es sehen möchte, muss lediglich einmal von einem Aussichtspunkt auf geschlossene Waldflächen schauen. Unzählige Bäume sind geschwächt – zu erkennen am wenigen Laub –, absterbend – hier ist die Krone trocken – oder bereits abgestorben, also komplett trocken. Fazit: Es geht dem Wald „nicht gut“.

Durch die Trockenheit im Jahr 2018 hat der Wald stark gelitten, gerade im Bereich der alten Bäume.

Welche Strategien verfolgen Sie beim Waldumbau, um den Forst widerstandsfähiger gegen Extremwetterereignisse und Kalamitäten zu machen, und wie gehen Sie mit Flächen um, die durch Sturm oder Borkenkäfer beschädigt wurden?

Wir setzen auf eine bunte Vielfalt von Baumarten. Dabei haben wir keine Angst vor Roteichen oder Douglasien, denn auch Vielfalt bei Nadelbäumen ist sinnvolle Diversität. Wer sprichwörtlich auf mehreren Ästen sitzt, bricht weniger schnell durch. Damit wollen wir vermeiden, jemals wieder auf größerer Fläche bei „Null“ anfangen zu müssen. Außerdem wollen wir behutsam den jungen Bäumen Platz machen, damit diese bereits unter den älteren Bäumen Fuß fassen können, soweit die Baumart – es gibt Licht liebende und Schatten liebende Bäume – dies erlaubt. Junge Bäume haben die Fähigkeit, sich besser an wechselnde Klimabedingungen anzupassen. Ein Beispiel: Die kleinen Fichten, die wir seit 2018 auch pflanzen, haben bereits zwei Stressjahre erlebt, in denen es eher heiß und trocken war. Das hat zu einer verbesserten und tiefergehenden Verwurzelung geführt. Diese hilft dem Baum, in Stresssituationen vital zu bleiben und den Anschluss an die Nährstoffe im Boden besser zu halten.

Wie beeinflusst die Wasserverfügbarkeit und -qualität die Gesundheit und das Wachstum der Wälder im Bergischen RheinLand und welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Wasserversorgung im Wald zu sichern?

Ohne Wasser gibt es kein Baumleben. Unregelmäßige Wasserversorgung bedeutet Stress für die Bäume. Gleichmäßige Wasserversorgung hingegen sorgt für ein gesundes Baumleben. Diese drei – zugegeben etwas vereinfachten – Kategorien machen das Prinzip deutlich. Die wichtigste und wirksamste Maßnahme ist die Wiederbewaldung. Unsere Region ist geprägt von voreiszeitlichen Stichtälern, den sogenannten Siefen. Sie sind naturgemäß steil und daher anfällig für Erosion. Kahlflächen, wie sie in den letzten Jahren durch verschiedene Schadereignisse stark zugenommen haben, bieten den perfekten Nährboden für Erosion und oberflächlichen Wasserabfluss. Um das zu verhindern, brauchen wir dort dringend wieder Bäume. Deswegen gilt: „Grow some green!“ – oder auf Deutsch „Pflanz was Grünes!“ Damit haben wir die Freiflächen beschrieben – forstlich den „worst case“. In den übrigen Waldbeständen versuchen wir, das feuchte Waldinnenklima zu schützen und Verdunstung zu minimieren. Dafür braucht es viele Bäume auf der Fläche – dicke, dünne, alte, junge –, eine intakte Strauch- und Bodenflora und wenig direkte Sonneneinstrahlung auf den Waldboden. So kann das Regenwasser langsam in das Erdreich eintreten und vom Boden besser aufgenommen werden.

Die entscheidenden Ressourcen der Zukunft: die Reinigung des Wassers, der Schutz vor Erosion, die Produktion von Sauerstoff , die Bindung von Feuchtigkeit – das sogenannte Waldinnenklima.

Holz ist als nachhaltiger Baustoff sehr beliebt. Welche Vorteile bietet Holz im Vergleich zu anderen Materialien und wie trägt die Nutzung von Holz im Bauwesen zum Klimaschutz bei?

Holz ist ein Klimaschützer: Wenn wir es nachhaltig nutzen – also nur so viel entnehmen, wie nachwächst – ersetzt es energieintensive Baustoffe wie Stahl und Beton und speichert zugleich CO₂ über die gesamte Nutzungsdauer hinweg, ob als Möbel, Balken oder Parkett. Holz ist darüber hinaus – jedenfalls nach meinem Empfinden – ein warmer und angenehmer Werkstoff , den viele Menschen zu schätzen wissen. Diese Wertschätzung hat aber Konsequenzen: In Nordrhein-Westfalen gibt es rund eine Million Hektar Wald. Auf dieser Fläche wachsen jährlich etwa sechs Millionen Kubikmeter Holz nach. Mit über 18 Millionen Einwohnern verbraucht jeder rein rechnerisch etwa 1,3 Kubikmeter Holz pro Jahr. Das bedeutet: Unser Verbrauch übersteigt den nachhaltigen Zuwachs. Darum müssen wir uns von der Vorstellung verabschieden, Waldflächen stillzulegen. Denn das führt lediglich dazu, dass wir mehr Holz aus dem Ausland importieren – mit der Gefahr, dass es dort nicht nachhaltig produziert wird. Zumal stillgelegter Wald nicht automatisch ökologisch wertvoller ist als nachhaltig bewirtschafteter Wald.

Welche Abfall- und Nebenprodukte aus der Forstwirtschaft können als Ressource der Zukunft genutzt werden? 

Das Faszinierende am Wald ist: Er produziert keinen Abfall. Natürlich entstehen Nebenprodukte aus der Forstwirtschaft – etwa Pilze, Kiefernnadeln als Streu für den Garten, Hackschnitzel für Garten oder Energie, Schnittgrün, Wurzelstöcke als außergewöhnliche Tischplatten oder Kaminholz. All das ist wertvoll, vielseitig und je nach Betrieb unterschiedlich ausgeprägt. Verbindend für den gesamten Wald sind jedoch seine Ökosystemleistungen. Neben der nachhaltigen Holznutzung sind sie die entscheidenden Ressourcen der Zukunft: die Reinigung des Wassers, der Schutz vor Erosion, die Produktion von Sauerstoff , die Bindung von Feuchtigkeit – das sogenannte Waldinnenklima. Davon profitiert jede und jeder von uns. Deshalb sollte uns der Wald viel wert sein – auch in Form zusätzlicher öffentlicher Mittel für die Wiederbewaldung.

Zum Abschluss: Was muss der Wald des Bergischen RheinLands im Hinblick auf Klimawandelvorsorge und Erhalt der Biodiversität in Zukunft leisten?

Der Wald „muss“ nichts – die Natur ist ergebnisoffen. Wir Menschen sind es, die handeln müssen, damit der Wald seine Aufgaben erfüllen kann: CO₂ binden, nachhaltiges Holz liefern, Sauerstoff produzieren, Lebensraum für unzählige Tiere und Pflanzen sein und gleichzeitig Raum für eine behutsame Naherholung bieten. Dafür brauchen wir die richtigen Voraussetzungen: keinen Müll im Wald, vor allem keine Zigarettenkippen, die Reduktion unseres individuellen CO₂-Fußabdrucks, eine zurückhaltende Erholungsnutzung, schnelle und vielfältige Wiederbewaldung sowie eine angepasste Jagd. Wenn jeder und jede im Bergischen RheinLand sich zwei – oder im besten Fall drei – dieser Punkte ernsthaft zu Herzen nimmt, dann kommen wir gemeinsam ein großes Stück voran.

Haben Sie eigentlich einen Lieblingsbaum?

Ja, eine alte Ulme, die – so erzählt man – zur Geburt meines Urgroßvaters Graf Felix im Jahr 1871 auf dem Hof vor der Burg Herrnstein gepflanzt wurde. Für mich ist das sicherlich einer der schönsten Bäume, die es gibt.